Sælde und êre - Ein Besuch in Kritzendorf

01. März 2008

Eigentlich wäre für dieses Wochenende die zweite Sælde und êre - Expidition ins nördliche Waldviertel mit weiteren drei spektakulären Burgbesichtigungen vorgesehen gewesen. Eigentlich! Denn, wie dies so häufig der Fall ist, war es ausgerechnet eine Dame, die unser Programm über den Haufen warf: Das angekündigte Sturmtief Emma bewog uns schweren Herzens, die Steinschau auf ein andermal zu verschieben und stattdessen einen Besuch bei Textil-Müller in Kritzendorf einzuschieben. Schließlich wird bereits emsig für die neue Festsaison vorbereitet und da gibt es immer mal Nachfrage nach diesem und jenem Stoff. Und bekannterweise lässt sich derartiges am günstigsten beim Müller besorgen ...

Vor Müllers Kassa überwiegt noch Zufriedenheit und selbstgefällige Freude ob der erwählten .. ähh .. Kleinodien. Doch das Verhängnis in Form der Rechnung naht ... Übrigens: Nur zwei der drei hübschen Mädels im Bild sind Mitglieder von Sælde und êre!

Hier findet ihr zurück zum Anschlagbrett, zur Arbeitsgruppe Gewandung oder zur Hauptseite

Kleiner Zwischenraum

Am Morgen war dann mal keinerlei Spur von einem Sturm zu erkennen. Egal, wenigstens waren wir unter den ersten Kunden, die an die- sem Tag in die architektonisch unvergleichbaren Räumlichkeiten in Klosterneuburg-Kritzendorf strömten. Ein richtiges Vergnügen, so un- gehindert zwischen des Stoffmengen herumzuschlendern und einen Stoffballen nach dem anderen in den Einkaufswagen stapeln zu können, das sich gegen Mittag hin erfahrungsgemäß immer mehr abschwächt - gilt es doch dann stets, sich gegen zahllose resolute Damen und andere Gefahren durchzusetzen ...

Die archetektonische Schönheit der Müller-Hauptfiliale in Kritzendorf hat schon manchem den Atem stocken lassen ...

Gerüchterweise hatten wir schon vom ungeheuren Restlederlager vernommen, das es hier geben sollte. Und da uns seit einiger Zeit be- reits der Sinn nach passenden Fußbekleidungen steht und unsere Närrin im Zivilberuf viel mit Schuhwerk zu schaffen hat, ließen wir uns zu besagtem Lager führen. Dies entpuppte sich als Garage, die bis zu einer Höhe von einem Meter oder mehr mit Lederresten bedeckt war. Die Dunkelheit darin läßt kaum zu, dass Farben zu erkennen sind, hat aber auch den Vorteil, dass Spinnweben und ihre Bewohner ebenfalls unsichtbar bleiben. Ein Umstand, denn besonders unsere holde Weiblichkeit zu schätzen wusste.

Nachdem wir einige passende Lederreste ausgegraben hatten - im wahrsten Sinne des Wortes - und die üblichen Rituale abgehandelt waren ('Hier ist ein Loch! Können Sie uns nicht einen Sonderpreis ... ?' 'Gut, ... Aber billiger kann ich es wirklich nicht hergeben. Von irgendetwas müssen wir schließlich auch leben!'), machten wir uns auf in den ersten Stock, dorthin, wohin die Leinen- und Wollschätze lagern, deren wir so dringend begehrten.

Trotz allem Gedränges vor den Kassen finden die angestelleten Damen und Herren immer noch Zeit für beratende Worte - bewundernswert!

Nun ist das Angebot bei Müller immer ein sehr großes. Wenn man jedoch spezielle Wünsche hegt, etwa nach Leinen- oder Wollstoffen in speziellen Farben, dann ist es immer auch eine Glückssache, ob so etwas gerade vorrätig ist. Wenn ja, wenn also das Sortiment durch eine neue Lieferung aufgefüllt wurde, dann sind diese Stoffe üblicherweise - weil anscheinend heißbegehrt - schnellstens aus- verkauft. Wir jedenfalls hatten an diesem Tag das Pech, dass wir Glück hatten. Soll heißen, das sich eine Menge von interessantem Stoffwerk fand, ein Umstand, der erfahrungsgemäß die heimischen Stoffreserven anwachsen, den Inhalt unserer Geldbeutel jedoch massiv schwinden lässt ..

Traurig, traurig, traurig - aber gewissliche Wahrheit, dass Sælde und êre nach diesem Besuche einige Zeit wohl um Hungertuche zu na- gen hat, hat doch eine große Leere unsere Börsen befallen und alle Taler verschwinden lassen. Genauer gesagt, immerhin an einem neuen prachtvollen Tischtuch zu nagen hat, das aus dem erworbenen Brokatstoff entstehen soll. Nebenbei fanden sich dann auch mehrere Bahnen Leinenstoffe im Wagen, ebenso wie bordeauxfarbene Wolle. Ach ja - und Borten. Viele Borten ('Die ist aber auch schön - was sagst du? ' 'Ja, die ist nett, die nehmen wir auch mit!'), sowie manch anderes, dessen ich mich nicht mehr entsinnen will ... Und so nahm das Unheil seinen Lauf!

Und das war das traurige Ende des Liedes: Nach dem Einkaufstag waren unsere Geldbeutel ebenso leer, wie die Hallen des Textil-Müllers! Immerhin schleppten die Damen alles selbst - allerdings zeigt die Abbildung nur eine Teil der erworbenen Ware ...

Immerhin schafften wir es vor Einbruch des Sturms bis zum Auto und mit dem Restbenzin noch bis nach Hause. Die letzten Kilometer dann schon von Sturmböen umweht und regenüberflutet, auf der Autobahn vorbei an einem umgekippten Anhänger. Wegen der über- schweren Stoffzuladung konnte uns das an diesem Tag zum Glück wahrlich nicht passieren. Und Dank der Regenschwaden, die allen Schmutz vom Fahrzeug wegschwemmten, wird wohl der nächste Termin in der Waschstraße entfallen können - was wiederum unseren angespannten Finanzen jetzt nur zugute kommen kann ...

Kleiner Zwischenraum

Hier findet ihr zurück zum Anschlagbrett, zur Arbeitsgruppe Gewandung oder zur Hauptseite

© 2008, Gestaltung und Inhalt: H. Swaton - alle Rechte vorbehalten