Sælde und êre - Wieder ist ein Jahr verstrichen ...

Geburt Christi, Kanzeldarstellung im Dom zu Pisa, Giovanni Pisano, 1302 - 1310/11

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... und immer noch sind wir da - ihr und wir! Klüger und weiser denn je, und schöner sowieso. Und wenn's denn nicht so wäre, dann soll uns das auch nicht weiter stören. Denn wieder einmal steht uns die schönste Zeit des Jahres ins Hause, jene Tage und Nächte in denen Besinnung und Nachdenklichkeit nach unseren Herzen greifen und die Mühen und Plagen des Alltages im grauen Nebel und im Wirbel der eisigen Flocken versinken. Mögen euch neuerlich ein schönes Fest, besinnliche und frohe Feiertage und ein guter Rutsch in das neue Jahr 2010 hinein ins Haus stehen, auf dass einem jeden von euch das, was er sich schon für dieses Jahr vorgenommen, endlich im nächsten gelingen möge.

Alleluja
Alleluia
Der geheiligte Tag hat uns erleuchtet.
Kommt, ihr Völker und betet den Herrn an,
denn heute ist ein großes Licht
zur Erde herabgekommen!

(Alleluia mit Dies sanctificatus, Winchester Tropar, um 1050 - nach einer Vorlage aus dem späten 10. Jahrhundert)

Und jetzt geht es daran, den Baum aufzuputzen - wie spät ist es eigentlich schon? Was schon so spät! - um danach üppig zu speisen, ein paar Lieder zu singen und zu spielen, die Geschenke aufzureissen. Und nicht ver- gessen - die Botschaften, die noch mit all den Lieben auszutauschen sind, dann die Mette spät in der Nacht. Anschließend hurtig ins Lager, denn es gilt die Reise zu Verwandten und Freunden anzutreten ... und kaum zurückgekehrt wartet das mühevolle Geschäft des Umtauschens ...

Doch halt!

Nicht so!

Denn Weihnachten ist vor allem auch das Fest der Besinnung, das sind die Tage, in denen alles zur Ruhe finden soll, was sonst hektisch springt und hüpft und läuft. So nehmt euch denn ein Beispiel an den mittelalterlichen Vorfahren, daran, wie sie das Fest der Geburt des Heilands zu feiern verstanden. Woher, fragt ihr nun, wollen wir das wissen. Weil ... nun ... - ah, da ist es schon - weil uns nun die Dichter und Chronisten jener Zeiten darüber berichten. Und welcher Hof, welches Haus wäre besser berufen, uns darüber Auskunft zu geben, wie man den nun die Weihnacht zu verbringen hätte, als das ruhmreiche Camelot des guten König Artus.

Und so nehmen wir das Büchlein in die Hand, das sich da nennt 'Sir Gawein und der Grüne Ritter' und das uns zurückführt in jene ferne Zeit des besten aller Könige. Der, so erfahren wir zu Beginn, hatte zu Weihnachten die Ritter seiner Tafelrunde in Camelot um sich versammelt, um mit ihnen und den vielen edlen und schönen Damen seines Hofes die Festtage zu feiern. Und wie, fragen wir neugierig, ging das vonstatten ... Moment, ich muss nur einige Seiten vorblättern ...

Nun, da lesen wir vom Kirchbesuch, zeitig jeden Morgen. Tüchtig, tüchtig, möchte man da sagen, all ihr schwarzen Seelen da draußen, nehmt euch ein Beispiel. Da war denn da die Christmette am ersten Weihnachtstag, am folgenden Tag (26.12.) eine Messe für St. Stephan, den ersten christlichen Märtyrer, danach das Fest des Apostels Johannes (27.12.) und das der Unschuldigen Kinder (28.12.) sowie das Fest des Heiligen Thomas und schließlich das Fest der Beschneidung Christi am Neujahrstag.

Toll! Aber wie füllten die Herren die langen Stunden zwischen diesen erbaulichen Kirchbesuchen? Nun, so der Dichter des 'Grünen Ritters', sie vertrieben sich die Zeit mit kurzweiligem Spiel und Erzählungen, sie gingen zur Jagd, machten den Damen den Hof und am Abend speisten sie und tranken sie, üppig und ausgiebig. Nicht übel, ein solches Programm! Nur der gute König selbst enthielt sich der Gaumenfreuden, denn er wollte, wie stets, erst ein neues Abenteuer hören, bevor er in die Schüsseln zu greifen bereit war ...

Zum Glück - der Leser ahnt es - erscheint da gerade zur rechten Zeit ein reichlich seltsam gewandeter, riesenhafter Ritter am Hof, über und über in Grün gehalten, und bietet - ganz im Geiste der besinnlichen Weihnachten! - ein 'Kopf ab'-Spiel an. Ha, denkt sich da der gute König, das Mahl ist mir gesichert. Klar auch, dass sich schließlich ein heldenhafter Ritter findet - Gawein wer sonst? -, der auf die Herausforderung des Grünen einzugehen bereit ist, und den Störenfried kurzerhand köpft. Freundlicherweise hebt der Kerl sein wuscheliges Kopf gleich selbst wieder auf, steckt es unter die Achsel und entschwindet damit ... wär ja doch etwas unappetitlich gewesen, beim weiteren Mahl.

Also liebe Leute, macht es so wie die alten Rittersleut. Feiert und lasst es euch gut gehen! Macht euch auf die Jagd und dann den Damen den Hof! Denn wer wären wir, als dass wir meinten, wir könnten bemäkeln, was man beim besten aller Könige zu tun pflegte. Nur die Axt lasst liegen, wenn nach durchzechter Nacht ein grünes Männlein an eure Türe pocht. Denn, so kann ich euch versichern, ein solches Männlein versteht nicht mehr die Gebräuche der besinnlichen Weihnacht ...

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