Saelde und Ere - Rezeptvorlage

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Dreierley Speisen ganz ohne Fleisch

(Drei Fastengerichtelein für all jene, die Abbitte zu tun gedenken ob ihres schlimmen Lebensweges ...)

So lauscht, ehe ihr zu kochen beginnt ...

... denn es mag euch wohl verwundern, dass ihr am heutigen Tage hier nicht eine Speise zum Genusse findet, sondern deren gar drei. Doch, das sei euch gesagt, sind's denn auch drei, so entbehren sie jener üppigen, dekadent-verführerischen Raffinesse, durch die jene anderen Gerichte ausgezeichnet sind, deren Rezepturen ihr hier noch finden mögt auf unserer Seite. Und da uns dies von mancherley Leut' vorgeworfen wurde, dass wir nämlich gar zur hemmungslosen Völlerey verleiten, sollt ihr heute drei einfache Gerichte vorfinden. So könnt ihr denn, wenn Fastenzeit ist und der Pfunde zuviel auf euren Rippen lasten, oder aber ihr Verfehlungen durch kümmerliche Speis' abbüßen wollt, aus den drei Gerichten wählen, die wir euch zu diesem Zwecke vorschlagen mögen. Welche dieser Rezepturen ihr wählen wollt? Nun das sei ganz euch und der Schwere eurer Verfehlungen überlassen ...

Die Fastenspeis' für leichte Verfehlungen oder viele Pfunde

So wollen wir denn beginnen mit einer Speis', die eines gewissen Wohlgeschmackes nicht entbehrt und darob gedacht sei für alle Sünder, die nur ganz leichter Vergehungen überführt werden konnten, also ist das Äugen auf die Röcke fremder Mägdelein, oder auf ihre ... ihre Augen, das unmäßig' Leeren von bauchigen Krügen und das üppige Rülpsen nach schwerem Mahle.

So sieht es also aus, wenn die Pfanne bar allen Fleisches ist ...

Wenn euch also solche Schwächen zu eigen sind, wiewohl man kaum von Schwächen sprechen kann dabei, dann mag folgend Gerichtelein für euer Fasten dienen - ebenso wenn ihr durch stets Üben einige Pfunde zuviel an Muskelmasse an eurer Leibesmitte angesetzt haben solltet:

Fuer die Gemüseallerley ...

... nimm an Zutaten (wenn du überhaupt drei noch findest, die dies so gottgefällige Fastengericht mit dir zu Speisen gedenken):

Für die Zubereitung der gefüllten Kohlrabi ...

... beachte gut, dass es hierbei des meisterlichen Umgangs mit der geschärften Klinge bedarf, denn es gilt die Knolle in der Mitte zu spalten, eine Übung, die du im Heidenland doch wohl hunderte Male schon durchgeführt hast, beim Versuch Ungläubige zu überzeugen. Anschließend gilt es die Kohlrabihälften noch auszuhöhlen und diese Übung dürfte dann doch eine neue sein. Wirf die Reste nicht den Säuen vor, denn sie eignen sich genausogut für deine Gäste. Dann nämlich, wenn du sie fein zerhackst (die Reste, nicht die Gäste!!) und mit dem ebenfalls zerstückten Zwiebel (siehe dazu unseren früheren Beitrag: Wie ich denn einen Dummen finde, der mir den Zwiebel schneidet) und einer zerdrückten Knoblauchzehe vermengst, mit dem gerebelten Gaudakäse, noch Salz und Pfeffer untermengst (eine Menge an Pfeffer, denn du sollst an deinen Freunden nicht sparen), Petersilie und Schnittlauch auch. Das füllst du in die Kohlrabihälften und die, die schiebst du dann in den Backofen, in dem schon das lustige Feuer lodert. Das füttere mit Holz so geschwinde, dass exakte 180 Grad herrschen für eine halbe Stunde lang - für die alte Grete wär's zuwenig, für den Kohlrabi ist's gerade recht ...

Für die Zubereitung der dinkelgefüllten Gurken ...

... teile auch die Gurken. Inzwischen mag die Gemüsesuppe aufkochen im Topf. Bedenke dabei, dass ein Schäumen und Blubbern und ein Verbrennen des grünen Schimmels darauf zwar der Gesundheit zuträglich sein mag, aber das nachträgliche Schruppen erschwert. Borg dir also dazu besser den Kessel deines Nachbarn oder - besser noch - den Nachbarn selbst, auf dass er das Schruppen übernehme.

Derweilen das Süpplein lustig blubbert, magst du die Gurken höhlen. Reste - wir wissen's schon - nicht vor die Säue! Und jetzt Zwiebel und Knoblauch im Olivenöl anschwitzen. Ach ja, nebenbei könntest du die Kohlsprossen im Salzwasser garen, doch übersieh nicht den richtigen Zeitpunkt, sie zu erretten, denn nur knackig mögen sie den Gaumen zu erfreuen - und nur keine Panik: Kohlrabi im Ofen, das Süpplein überm Feuer, Zwiebel und Knoblauch in der Pfanne, Kohlsprossen im Salzwasser - alles nicht schlimm, wenn nicht gerade jetzt der Feind mit der Ramme vor dem Tor deines festen Hauses erscheint. Dann musst du den Kohlrabi aus dem Ofen, die Pfanne vom Feuer geben ... und die Suppe schüttest du den Ungebetenen am besten über die Brünne, auf dass diese milde Tat im Jenseits Anerkennung und Beachtung finde ... und vergiss nicht zwischenzeitlich die Kohlsprossen aus dem Wasser zu holen.

Doch nun zurück von der hohen Kunst, wie eine Burg zu verteidigen, zur nicht minder hohen des Kochens: Nimm die Suppe vom Feuer, mische den Dinkelgrieß darunter, die Gurkenreste und dazu noch Majoran und Liebstöckel, Zwiebel und Knoblauch und vermenge auch dieses und fülle die Gurkenhälften.

Wie oben schon erwähnt, sind zugleich auch die Pilze vorzubereiten, will alles zur rechten Zeit auf die Tafel gelangen. Tat ich nicht? Nun, dann tu ich's jetzt. Auf dass also nicht Langeweile dein Maul zum Gähnen bringt, magst du neben der Zubereitung der Kohlrabi, der Gurken und der Kohlsprossen in den langen Wartepausen die Pilze nehmen, sie putzen, sofern du das lästige Knirschen zwischen den Zähnen nicht liebst, sie mit dem Zwiebel im Butter anschwitzen (da ist doch noch irgendwo eine Pfanne, oder?) und sie mit Salz und Pfeffer, Petersilie und Schnittlauch, Kerbel, Dill und Fenchel und Sauerrahm abschmecken. Und vergiss bloß nicht auf den Kohlrabi und die Kohlspossen ...

So, das war's. Nicht das einfachste Gericht, besonders dann, wenn ihr noch den Anfängen der Kochkunst verhaftet seid. Solchen Leuten empfehlen wir, einige schwerere Verfehlungen zu begehen, auf dass ihr für unsere nächste Rezeptur in Frage kommt, die da ist:

Die Fastenspeis' für schlimme Verfehlungen

Wenn ihr Sünder unter der Last solcher Taten stöhnt, die da sind Glockengeläut an fremden Pforten und hurtiges Reißausnehmen, das Erjagen des allerletzten Bärens, der da streicht duch Ostarrichis Wälder, und freches Schmähen alter, schwerhöriger, ja schlimmer noch, sogar tauber Leut', dann hat euer Gaumen das Recht verwirkt, eine wahre Freude zu erschmecken.

Mittelschwer in der Zubereitung - die Speis' für schlimme Verfehlungen ...

Doch immerhin versteht sich unserer Küchenmeister auch in jenen Fällen, eine angemess'ne Speise zu bereiten, die da ist ein ... Apfel. Oder deren vier, wenn denn vier Sünder sind an einem Ort. Viele gute Säfte wohnen der saftigen Frucht inne und so mag die Frist, bis die Untaten gesühnt, immerhin mit Süße verstreichen. Und, so sagt man, in manchen Gegenden ist man auch geneigt, den Saft des Apfels zu trinken, nachdem er gestürmt ... wohlauf, wer's denn lieber flüssig liebt.

Die Fastenspeis' für ganz, ganz schlimme Verfehlungen

Zu guter Letzt bleibt uns nur noch jener armen Sünder zu gedenken, über deren gepeinigte Seelen wahrlich schwere Verfehlungen gekommen sind, die da sind per exemplum tausendfaches Morden, das Niederbrennen von Nonnenklöstern und, allerschlimmst, der vergessene Hochzeitstag des angetrau- ten Eheweibes ... Da solch böse Taten nun wahrlich nicht mehr getilgt werden können ohne allergrößte Opfer, ist auch die vorgeschlagene Speis für jene eine solche, die jeder Feinheit entbehrt ....

Frisches Grün, mit der zarten Gänseblume garniert, - manchen Zeitgenossen mundet's wohl ...

... die aber selbst den unerfahrensten Eleven der Kochkünste nicht vor unlösbare Schwierigkeiten stellen sollte. Denn, seid ihr vier Sünder, dann sucht euch ein jeder einen guten Flecken Gras - fünf mal fünf Schritte mögen ausreichnd sein, für einen jeden von euch, es sei denn einen drückt gar großes Magenknurren, dann gebt ihm noch drei Fuß dazu - und tut es grasend den Rindviechern gleich, die ihr zuvor von der Heide gescheucht. Aber hütet euch vor dem, was sie euch dort hinterlassen haben mögen. Und sollte der Geschmack euch gar nicht munden. der grünen Halme nämlich, dann mag ein wenig Essig, beigeträufelt, immerhin Linderung verschaffen ...

Auf dass eure Sünden das viele Gemüse auch wert waren ... und vergesst bloß nicht die Kohlsprossen rechtzeitig aus dem Wasser zu holen.

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