Saelde und Ere - Rezeptvorlage

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Scheiterhaufen mit süßer Erdbeersauce

Das Gerichte

Manch einer träumt davon und wünscht sie sich zurück, jene guten alten Zeiten, in denen sie einst aufgeschichtet wurden, dem gaffenden Volk zur Freude, das sie in der drückenden Hitze erschimmern sah in all ihrer Pracht. Und auch wir, so gestehen wir an dieser Stelle ein, sind Freunde solchen Tuns, auch wir lieben denn Anblick, wenn die Scheiterhaufen erglühen, und darum wollen wir durch unser Zutun dafür sorgen, dass der ehrwürdige Brauch nicht aussterbe ob all dieser neuartigen Ideen, die da meinen, es wäre kein Platz mehr für solch altertümlichen Brauch.

Auf denn, dann lasst ihn uns anheizen, den Ofen, und schickt nach einem Pfaffen oder einen Magister, gelehrt möge er sein und sein Schädel grau bekränzt, damit er euch die Rezeptur richtig buchstabiere, wie den ein solch köstliches Gerichte, das als Scheiterhaufen benannt ist in den zivilisierten Landen, aufgeschichtet und bereitet werden könne. Schickt auch nach einer Magd, hübsch möge sie sein und auch willig und ihr Haupt goldlockig umrahmt, damit sie euch zur rechten Stunde hilfreich zur Hand gehe.

Hurtig nun an die süße Köstlichkeit ...

... und nimm an Zutaten (wenn du mit Dreien zu teilen gedenkst):

Achtet gut auf die Worte des gelehrten Mannes, reicht ihm zur Freude und zum Lohne ein Schlückchen vom Gebrannten - und dann schickt ihn fort, ehe das Mägdelein erschienen, auf dass ihn nicht der Gedanke erfasse, euch späterhin beim allwöchentlichen Beichtgang genauen Bericht ablegen zu lassen über euer beider gemeinsamer Tun, dem des Mägdeleins und dem eurigen.

Als Erstes geht gemeinsam hinaus in die Wiesen und Wälder - ihr mit dem Mägdelein und nicht mit dem gelehrten Manne - und erntet die Früchte ...

... die es braucht, um späterhin die zarte Köstlichkeit zu erschaffen im glühenden Ofen. Mag das Mägdelein, die holdlächelnde Evastochter, ruhig den Baum besteigen mit hochgeschürztem Rock und braunen Schenkeln, und euch einen ersten Apfel zum gemeinsamen Kosten zu reichen - dies Vergnügen sei euch gegönnt; was sollte schließlich auch zu tadeln sein daran? Danach aber, wenn euch die Erkenntnis gekommen, von der Gefahr, hurtig die notwendigen Früchte gesammelt und entflohen, ehe euch der Besitzer des Baumes zu ertappen vermag beim frechen Raube ...

Entflieht aus dem Garten in die Wildnis des Waldes hinein und sucht dort nach der anderen Frucht, der es zum Werke bedarf: nach der rotlächelnden Beere sucht, die nahe der Erde entsprießt, und bei der Suche neckt das Mägdelein und kost ihr Haar, auf dass sie nicht in Angst erstarre vor dem bösen Wolfsgetier und all denn anderen Gefahren, die sie zwischen den wogenden Gräsern und weichen Moosen zu verspüren glaubt. Habt ihr die Beeren erst gefunden, dann lasst sie die Ernte tun und beachtet wohlgefällig all ihr Sammeln und Bücken ...

Endlich zurück aus dem Wald, geht es dann in der Küche zu Werke ...

... um den Scheiterhaufen zu schichten. Das Mägdelein möge eine Schüssel besorgen und all die Zutaten, die es benötigt. Ihr derweil zertrümmert mit dem Streitkolben (bitte unbedingt zuvor vom letzten Gebrauch reinigen!) oder - wenn nichts anderes zur Hand - auch einem Hexenhammer das steingewordene, weiße Brot. Doch nein, wartet damit, bis sie zurückgekehrt - und lasst sie dann eure breite Brust und die mächtigen Oberarme bewundern. Danach mäge sie die Äpfel schälen, entkernen und in dünne Scheiben zerteilen.

Die Apfelscheiben und das zertrümmerte Brot gebt in die Schüssel, die Milch gieße sie hinzu, auch den Dotter der Eier allein und zwei gute Messerspitzen Butter, und gemeinsam mögt ihr es vermischen und verrühren. Dann muss das Gemisch stehen, bis es gänzlich weichgeworden und bis die Brösel vollgesogen. Derweil nascht mit dem Mägdelein vom Honig, lasst sie vom Zucker und vom Zimt schlecken (aber denkt daran, wie wertvoll diese weitgereisten Köstlichkeiten sind und - in großen Mengen genossen - auch gar nicht gut, um ihr die schlanken Glieder dauerhaft zu erhalten!) und gebt vom Zucker oder vom Honig vier Löffel ins Gemisch, vom Zimt einen.

Vertreibt euch gemeinsam ein gut Ding Weile, lasst es heiß werden im Raum, und vergesst auch nicht den Ofen anzuheizen; danach buttert die Wandung einer Form und füllt die Masse hinein und scheibt endlich die Form in den glühenden Ofen. Dort mag sie bleiben, für die halbe Dauer einer Messfeier, derweil sie an Masse und Gestalt gewinnen wird. Knapp bevor die Zeit abgelaufen, mag das Mägdelein ihr Kosen unterbrechen und das Eiklar mit ihrer kundigen Hand zum festen, steifen Schaume schlagen. Bewundert ihre Handfertigkeit und helft ihr dabei - indem ihr gewöhnlichen Zucker oder solchen mit der Geschmack der Vanille beigebt.

Dann lasst sie die heiße Form aus dem Ofen ziehen - sie wird verstehen, dass eines Kriegers Hand nicht geschaffen ist für der Hölle Glühen - und bedeckt ihre verschmorte Hand mit Küssen und die Masse in der Form mit dem Schaum. Zurück ins Fegefeuer und hurtig zwei Pfunde der Erdbeeren aufgekocht, zerdrückt und - je nachdem, wie sehr sie mit eigener Reife locken - mit Zucker gesüßt. Wenn ihr euch dann vor den Ofen setzt, beobachtet, wie der Scheiterhaufen brennt und ächzt und leidet und dabei noch vom Branntwein zwei oder drei tiefe Schlucke tut, dann könnt ihr es selbst verspüren, jenes Glühen des Höllenfeuers.

Wenn aber endlich der Schaum eine knusprigbraune Farbe angenommen, ist es an der Zeit, Mitleid zu zeigen und den guten Haufen und seine Haube aus Schnee von all ihren Sünden zu entbinden und sie dem Schlunde zu entreißen, ein Blättchen Minze oder zwei noch dazu, zur Linderung ihres Leidens, und sie auftragen zu lassen, auf dass sie euch und dem Magister, dem Herrn Pfarrer und dem Messner gut munden mögen. Wenn die aber keine Zeit finden zum gemeinsamen Mahle mit euch - Gott verhüt's -, dann verwöhnt doch das Mägdelein damit - und mit ihr ihre beiden anderen hübschen Schwestern auch. Aber überfresst euch nicht dabei, damit euch der Abend nicht zu schwer im Magen zu liegen kommt, dann, wenn es gilt standhaft ... äh, beständig wie ein ehrhafter Ritter zu handeln.

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